Gastartikel: Unit Economics für Anfänger

Was sind Unit Economics?
Die Unit Economics beschreiben die Einnahmen und Kosten eines bestimmten Geschäftsmodells in Bezug auf eine einzelne Einheit. Eine Einheit bezieht sich auf jedes grundlegende, quantifizierbare Element, das einen Wert für ein Unternehmen schafft. Somit zeigen die Unit Economics an, wie viel Wert jedes Element bzw. jede Einheit für das Unternehmen generiert. Zum Beispiel würde eine Unit in einem Bäckerei-Geschäftsmodell ein fertiges Brötchen verkörpern.

Somit sind Unit Economics ein einfaches, aber leistungsstarkes Werkzeug, welches Ihnen hilft, den Erfolg und die Nachhaltigkeit Ihres Unternehmens besser zu verstehen. Egal, ob Sie CFO eines großen Unternehmens oder einfach Geschäftsmann/Geschäftsfrau sind, der/die dabei ist, ein E-Commerce-Startup auf die Beine zu stellen. Sie können die Unit Economics in Ihrer alltäglichen Geschäftsführung anwenden, um die Leistung des Unternehmens zu analysieren und seine finanzielle Zukunft zu planen. Das betrifft im Besonderen die Startup-Wirtschaft, da sich Startups in einem schwer prognostizierbaren Umfeld entwickeln.

Kurz und bündig:

Die Unit Economics beantworten eine einfache Frage: Gewinnen wir Geld pro einen bestimmten Kunden / eine bestimmte Einheit (Unit) der Produktion oder eben nicht.
Um dies zu beantworten, müssen wir nachrechnen:

  • Wie viel Geld haben wir für die Gewinnung eines Kunden und die Produktion einer einzigen Einheit ausgegeben?
  • Wie viel Geld haben wir von diesem Kunden nach dem Absatz einer Einheit gewonnen?

Wenn am Ende dieser schlichten Berechnung eine negative Zahl steht, sollten Sie sich überlegen, wie Sie Ihre Business-Strategie ändern.
Nachdem man sich einen Überblick über das Grundprinzip des Teilbereichs "Unit Economics" verschafft hat, kann man zu den grundlegenden Begriffen der Unit Economics übergehen. Wir konzentrieren uns dabei auf die Unit Economics für den IT-Bereich, was allerdings einige Abweichungen von den klassischen Unit Economics zur Folge hat.

In diesem einführenden Artikel werden wir Sie mit dem Ansatz der Unit Economics von Daniel Khanin, dem Pionier im Bereich Unit Economics in Russland und den GUS-Ländern, vertraut machen. Es gibt also mehrere Ansätze, wie man Unit Economics berechnet, einsetzt usw. Die Besonderheit des Ansatzes von Daniil Khanin liegt in der Umwandlung komplexer mathematischer Berechnungen in einfache und verständliche für das allgemeine Publikum.

Terminologie der Unit Economics in der IT-Branche

Nach Daniil Khanin

User (U)*


Der Nutzer ist die grundlegende Einheit, die bestimmt, womit und für wen wir arbeiten. Im Allgemeinen geht es hier um eine Person, die durch etliche Marketingmaßnahmen (darunter Werbung) an unser Produkt herangeführt wurde.

Beispiel: Ein Besucher einer Website für Internet-Projekte (B2C) oder eine Firma, die wir im Rahmen der Kaltakquise angerufen haben und als unseren Lead betrachten können (B2B). Bitte beachte, es geht hier nicht um Kunden, sondern eher um einen Interessenten. Zu Kunden kommen wir 2 Punkte später.



User Acquisition (UA)


Unser User Flow. Diese Metrik zeigt an, wie viele Menschen mit unsem Produkt in Berührung gekommen sind.

Beispiel: Wie viele Besucher sind durch kontextbezogene Werbung auf einer Website gelandet oder wie viele Unternehmen haben wir durch Kaltakquise erreicht.



Conversion to first purchase (C1)


Die Konversionsrate oder die prozentuale Anzahl von Usern (U), die eine Konversion abgeschlossen haben und dadurch zu Kunden geworden sind. Der erste Kauf grenzt somit einen Nutzer (U) von einem Kunden ab, der seinen ersten Kauf getätigt hat.



Buyer (B) oder Customer (C)


Im Folgenden benutzen wir die Kennzeichnung C.


Nun kommen wir zum „klassischen" Kunden. C steht also für einen Kunden, der die obere Metrik C1 beeinflusst hat. Der Kunde kann selbstverständich auch mehr als nur einen Kauf tätigen. Vereinfacht gesagt zeigt diese Metrik die Anzahl der Nutzer (U), die wir aus einem Userflow nach einer gewissen Marketingmaßnahme unter Berücksichtigung der Konversionsrate (C1) errungen haben.


Daraus lässt sich unsere erste Formel ableiten:


C = UA x C1



Average Price (AvP)


Der durchschnittliche Betrag, den unsere Kunden (C) beim Bezahlen unserer Produkte oder Dienstleistungen ausgegeben haben.


Die Formel dazu lautet folgendermaßen: Der Gesamtbetrag von abgesetzten Waren geteilt durch die Gesamtzahl der Transaktionen (Käufe) oder aber auch:


AvP = Revenue/Orders


Beispiel:


Wir haben 13 Rechnungen von einer Unit (einer Position im Sortiment) und in einem bestimmten Zeitraum sind von der Unit 3890 € eingegangen, dann sieht die Berechnung so aus:


AvP = 3890/13 = ca. 299 €


Cost of Good Sold (COGS)


Steht für unsere Umsatzkosten. Diese wichtige Metrik zeigt die bei jedem Verkauf entstehenden Kosten an.

Der Ansatz der Unit Economics propagiert generell Folgendes: Die Fixkosten grenzen sich bei Berechnungen von variablen Kosten ab. Daher werden neben COGS auch separat COGSfix betrachten (steht für Fixkosten).



First sale COGS (1sCOGS)


Die zusätzlichen Kosten, die lediglich mit dem ersten Verkauf einhergehen. Das sind die Handlungen, ohne die der erste Verkauf unmöglich wäre. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Kosten zusätzlich zu den COGS sind.

Beispiel für 1sCOGS: Durchführung von Onboardings für die Nutzung einer Software im B2B. Die Mitarbeiter, die das Personal unterweisen, müssen unsererseits auch bezahlt werden, dazu fallen auch die Anfahrtskosten an. Die beiden Posten gehören zu 1sCOGS.
Beispiel für COGS: Verkaufen wir ein Produkt, so beinhalten COGS die Kosten für den Ankauf des Produkts sowie die Steuern und Lieferung. Bei B2B-Verkäufen könnte COGS die Prämie an Sales-Mitarbeiter für die Vermittlung beinhalten. Wenn wir für unsere Berechnungen auch die fixen Kosten miteinbeziehen möchten, so werden wir diese als COGSfix wiederum separat von den anderen Kosten betrachten.
Average Payment Count (APC)

Die durchschnittliche Anzahl der Transaktionen/Verkäufe, die von einem Kunden (C) im bestimmten Zeitraum getätigt wurden. Standardmäßig wird diese Metrik für die gesamte „Lebensdauer" des Kunden berechnet. Um diese Metrik zu berechnen, teile die Gesamtzahl der Verkäufe durch die Gesamtzahl der Kunden (C):

APC = Anzahl der Bestellungen / (UA x C1) = Anzahl der Bestellungen / C




Average Revenue per Customer (ARPC)

Durchschnittlicher Umsatz pro Kunde. Zeigt an, wie viel wir an den Verkäufen eines Kunden in einem bestimmten Zeitraum verdienen, und zwar abzüglich Verkaufskosten (COGS) und Kosten, die für den ersten Kauf anfallen (1sCOGS).
Berechnet wird nach der Formel:

ARPC = (AvP - COGS) x APC - 1sCOGS.


Ein wichtiger Messwert für die Bewertung der allgemeinen Unternehmensleistung. Durch den Vergleich mit dem CAC erhalten wir eine Schätzung der ROI (Return on marketing).


Average Revenue per User (ARPU)

Durchschnittlicher Umsatz pro Nutzer (U). Auch die „einfachen" User machen in den Unit Economics etwas aus. Diese Metrik kennzeichnet den Umsatz, den wir von jedem User theoretisch erhalten, abzüglich COGS.
Wir berechnet diese Metrik nach der Formel:

ARPU = ARPC x C1


Auch ein wichtiger Wert für die Bewertung der Unternehmensleistung.


Wodurch unterscheiden sich ARPU und ARPC voneinander?

ARPC - Bruttogewinn pro Kunde
ARPU - Bruttogewinn pro potenziellen Kunden
Acquisition Cost (AC)

Marketing-Budget: Alle Kosten, die für die Gewinnung des Kunden (C) angefallen sind. Zum Beispiel: die Kosten für Marketing-Kampagnen bei Google und Facebook sowie die Gehälter des Sales-Personals (hier wird es ein bisschen komplizierter und verlangt einen separaten Artikel zur Berechnung von CAC im Hinblick auf die Gehälter des Sales-Personals).


Cost per Acquisition (CPA)

Kosten für die Akquise eines Nutzers (U). Um diese Metrik zu berechnen, müssen wir unsere Gesamtkosten für Marketing durch die Gesamtzahl der Interessenten teilen, die den ersten Kontakt mit unserem Angebot gemacht haben.

Also:

AC / U


Im Gegensatz zu CAC ist CPA eine Entscheidungsmetrik, das heißt, dass wir auf der Grundlage dieser Metrik etliche Entscheidungen treffen können (Data Driven Decisions, dazu kommen wir später).


Customer Acquisition Cost (CAC)

Kosten für die Kundenakquise. Diese Metrik berücksichtigt alle marketingbedingten Kosten, die bei der Gewinnung eines Kunden entstanden sind.

Die Formel dazu:

AC / B


Hier teilen wir also unsere Marketingkosten durch die Gesamtzahl der Kunden.

Contribution Margin (CM)

Der Grenzertrag von einem Userflow (UA). Diese Metrik sagt aus, wie gut wir unser Produkt oder unsere Dienstleistung im Rahmen eines User Flows absetzen. Der wichtigste Wert, der die Wirksamkeit unserer Entscheidungen bestimmt.

Berechnet wird nach der Formel:

CM = UA x (ARPU - CPA) = UA x (ARPC x C1 - CPA)


Revenue (R)

Umsatz, also wie viel Geld kumuliert wurde.

Berechnet wird nach der Formel

R = B x AvP x APC



Return on Marketing Investment (ROMI)

Return on Marketing Investment zeigt an, wie effektiv wir unser Marketingbudget eingesetzt haben.

Die Formel zur Berechnung des ROMI lautet:

ROMI = CM / AC


Lifetime Value (LTV)

Durchschnittlicher Wert, den ein Customer während seiner gesamten Customer Journey für ein Unternehmen hat und voraussichtlich auch zukünftig haben wird. Im Rahmen unseres Ansatzes gleicht diese Metrik der ARPC.

Die Formel zur Berechnung des LTV lautet:

LTV = ARPC = (AvP–COGS) × APC - 1sCOGS



* Im klassischen Produktionsmodell können wir unter U einen interessierten Kunden verstehen, der zwar noch keinen Kauf getätigt hat, aber gewisse Kosten für die Akquise verursacht hat und vielleicht eine gewisse Kaufabsicht hat.
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Wie effizient war Ihre Marketingkampagne? Wir möchten unser Resultat mit Benchmarks vergleichen. Um die Frage zu beantworten, berechnen Sie bitte:
CAC (Customer acquisition cost)
CAC = Marketingbudget / bezahlte Bestellungen = AC / C = 5.43 € hat Sie ein Kunde gekostet.
Wenn Sie Benchmarks googeln, werden Sie feststellen, dass Ihre Metrik hier sehr gut aussieht
Jetzt möchten Sie herausfinden, ob Ihre Werbekampagne sich überhaupt gelohnt hat. Berechnen Sie bitte dazu die ROMI.
ROMI = Contribution Margin / Acquisition Cost = CM / AC
Hier müssen wir also erstmal CM berechnen
CM = UA x (ARPU — CPA) = UA x (ARPC x C1 — CPA)
ARPC = (AvP — COGS) x APC — 1sCOGS = ((28,679 / 76) — (89+16)) x 1 — 0 = 377 — 105 = 272 €
C1 = C / UA = 276 / 28,679 = 0,009 %
CPA = AC / UA = 1500 / 28,679 = 0,05 €
CM = 28,679 x (272 x 0,009 — 0,05) = 28,679 x 2.461 = 70,579 €
Jetzt können wir endlich ROMI berechnen:
ROMI = 70,579 / 1500 = 47 %
Berechnen Sie CM für ein Abo-Service, der Abonnements für die Nutzung einer Software an Endkunden (B2C) verkauft. Ein Abo kostet 10 € einmalig. Sie haben eine Kampagne bei Google Ads gestartet, die Sie 378 € gekostet und auf Ihre Website 2879 Interessenten gebracht hat. Davon haben 15 Personen ein Abo gekauft. Wir verzichten in dem Fall auf COGS, um die ersten Berechnungen nicht unnötig zu verkomplizieren. Dafür kommt der 1sCOGS1 ins Spiel: Ein Affiliate-Geschenk von Ihrem Parter - ein gratis Monat in seinem Abo-Service. Dieses Geschenk an einen Kunden kostet Sie 1€.
CM = UA x (ARPC x C1 — CPA)
ARPC = (AvP — COGS) x APC — 1sCOGS = (Revenue/Orders — COGS) x Orders/Customers — 1sCOGS = (10 — 0) x 1 — 1 = 9 €
C1 = C / UA = 15 / 2879 = 0,005 %
CPA = AC / UA = 378 / 2879 = 0,13 €

CM = 2879 x (9 x 0,005 — 0,13) = -244 €
Irgendwas stimmt nicht mit unserer Strategie. In dem Fall sollte man die anderen Metriken unter die Lupe nehmen, um die Strategie zu korrigieren.
Zum obigen Fall mit dem Abo-Service. Nun lautet die Aufgabe: Was können wir tun, um positive CM herbeizuzaubern?
Als erstes, versuchen wir unseren C1 zu ändern.
Was hätten wir bekommen, hätten wir nicht 15 Verkäufe abgeschlossen, sondern 65?

C1 = C / UA = 65 / 2879 = 0,02 %
Dann würde unsere CM wie folgt aussehen:
CM = UA x (ARPC x C1 — CPA) = 2879 x (9 x 0,02 — 0,13) = 143,9 €
Ein größerer Aufwand bei der Konversion bringt gravierende Folgen mit sich. Daraus läßt sich eine Entscheidung ableiten: Die Konversionsrate auf der Landingpage muss dringend angekurbelt werden.
Ursprünglich erschienen bei muskcallmeplease.de
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